Forschungs­immobilien trumpfen auf

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Am Wissenschaftsstandort Deutschland ergibt sich für Investoren ein spannendes Betätigungsfeld – Attraktive Renditen

Life-Science-Immobilien sind ein Wachstumsmarkt. Die globale Pandemie hat die Gesundheitsbranche ins Rampenlicht gehoben. Forschung und Innovation brauchen Platz, die Räumlichkeiten müssen sehr spezielle Bedingungen erfüllen. Immobilieninvestoren hat das bisweilen abgeschreckt und entsprechend gering ist der Anteil am Gesamtmarkt. Das ändert sich nun.

Was zeichnet die Immobilien im Life-Science-Bereich aus, welche strukturellen Faktoren treiben das Wachstum, welche Risiken gilt es zu beachten und warum kann sich ein Einstieg für Investoren lohnen?

Im Scheinwerferlicht
BioNTech. Sofort macht es klick: Seit der rasanten Ausbreitung von Covid-19 und der nicht minder geschwind verlaufenden Suche nach einem Impfstoff kennt fast jeder das Unternehmen aus Mainz. Die Pandemie hat schlagartig eine gesamte Industrie ins Scheinwerferlicht befördert, die zwar auch zuvor schon ein Wachstumsmarkt war – sich aber dennoch weitgehend unbemerkt von der breiteren Öffentlichkeit entwickelt hat. Die Menschen werden immer älter und mit dem steigenden Alter nehmen auch die entsprechenden Krankheiten zu: Krebs, Diabetes oder Demenz, um nur einige zu nennen. Experten aus aller Welt forschen immer intensiver an Therapien, die diese Leiden heilen oder zumindest lindern können. Immobilieninvestoren haben der Branche bislang jedoch eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Hinschauen lohnt sich
Klar ist: Life-Science-Immobilien sind eine Nische. Hinschauen lohnt sich aber dennoch – und gerade jetzt.  Denn die Entwicklung und Produktion des Covid-19-Impfstoffes hat den Trend massiv beschleunigt. Nicht zuletzt durch diesen Erfolg rücken Forschungs- und Laboreinrichtungen inklusive angeschlossener Bürogebäude in den Fokus institutioneller Investoren. Angesichts der Umbrüche in den klassischen Immobiliensegmenten suchen immer mehr deutsche und internationale Investoren nach Investitionsmöglichkeiten in alternative Assetklassen.

Wobei zunächst geklärt werden sollte, was genau unter Life-Science-Immobilien zu verstehen ist. Denn noch es gibt keine einheitliche Definition, der Begriff ist nicht klar abgegrenzt. Klassische Bürohäuser, die an Pharma-Unternehmen vermietet sind, können ebenso darunterfallen wie Labore unterschiedlicher Sicherheitsklassen bis hin zu vollklimatisierten Speziallagern für die temperatursensible Medikamentenlogistik.

Kennzeichnend ist für den Sektor die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen von Biotechnologie und -chemie über Medizintechnik bis zur spezialisierten IT. Die benötigten Gebäude müssen daher unterschiedliche Funktionen vereinen, die von Büronutzung über Flächen für Forschung & Entwicklung bis zur Produktion reichen. Um ein einheitliches und klares Verständnis zu schaffen, sollen im Folgenden mit dem Begriff Life-Science-Immobilien insbesondere jene Gebäude bezeichnet werden, die für spezifische Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten geeignet sind und deren Laboranteile zumindest ein Drittel der Gesamtfläche ausmachen.

So kann man tatsächlich von einer eigenen Immobilienklasse sprechen, wenn auch einer flächenmäßig sehr kleinen. Führend sind hier bislang die USA und Großbritannien, wo die Märkte bereits eine gewisse Reife erreicht haben. In Kontinentaleuropa steht die Entwicklung dagegen erst am Anfang, weist aber insbesondere in den deutschsprachigen Ländern eine hohe Dynamik auf.

Die wachsende Industrie braucht mehr Fläche, sowohl für Forschung als auch für Produktion und Verwaltung. Allerdings kommt der Mietflächenumsatz bei Life-Science-Immobilien in den deutschen Top-5-Märkten gerade einmal auf 1% (!) des Büroflächenumsatzes. Auch das jährliche Transaktionsvolumen knackt nicht einmal die Marke von 1 Mrd. Euro, wie ein Report von Cushman & Wakefield zu Life-Science-Immobilien unterstreicht. Die Renditeliegt jedoch um etwa 1,5 bis 2% über reinen Bürohäusern und bietet damit einen substanziellen Mehrertrag.

Spezifische Cluster
Maßgeblich ist dabei, dass Life-Science-Immobilien deutlich höhere Anforderungen an das Immobilienmanagement stellen als reine Büroobjekte. Die Vernetzung und Kooperation mit anderen Unternehmen ist für die Nutzer von Life-Science-Immobilien essenziell. Daher haben sich einige Forschungscluster gebildet, in denen sich diese Unternehmen gerne ansiedeln. Hier herrscht eine rege Nachfrage nach Laborflächen, was wiederum aus Investmentperspektive wichtig ist.

Die Cluster sind meist sehr spezifisch. So hat sich beispielsweise in Wien das Cluster „Vienna BioCenter“ als einer der international führenden Standorte für Molekularbiologie herausgebildet. Die räumliche Nähe zur Universität hat dabei sehr geholfen. Ähnliches gilt für den Campus Martinsried bei München, wo verschiedene Institute der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), Max-Planck-Institute, ein Innovations- und Gründerzentrum und zahlreiche Firmen zusammenfinden. Der Technologiepark Adlershof in Berlin ist ebenfalls ein hervorragendes Beispiel für einen zukunftsweisenden Wissenschaftspark.

Gleichzeitig haben zwischenzeitliche Grenzschließungen, Abschottung sowie Lieferengpässe als Folge der Pandemie vor allem in Westeuropa zu einer Rückbesinnung auf Produktionsstätten vor Ort geführt. Das sogenannte „Near-Shoring“ eröffnet dem deutschsprachigen Raum aufgrund leistungsfähiger Produktionsbetriebe und einer modernen Verkehrsinfrastruktur große Möglichkeiten. Life Science wird dabei eine Schlüsselindustrie sein. Für heimische, aber auch internationale Investoren kommt als weiterer Vorteil das verlässliche Rechtssystem innerhalb der DACH-Region – Deutschland, Österreich und Schweiz – hinzu.

Abweichendes Profil
Life-Science-Immobilien sind eine sehr spezielle Anlageklasse, in der man die Anforderungen der Nutzer noch genauer verstehen muss als in klassischen Immobilienarten. Das Risiko der Investition ist nicht unbedingt höher als in anderen Segmenten, aber es zeigt ein abweichendes Profil. Viele der Mieter sind junge, innovative Firmen, die sich dynamisch weiterentwickeln. Der Immobilieninvestor trägt zwar kein direktes Risiko aus einzelnen Forschungsprojekten, aber es kann zu höherer Mieterfluktuation kommen: sowohl bei missglückten Start-ups als auch bei sehr erfolgreichen, die schnell aus ihren Mietflächen herauswachsen. Flexibilität und Spezialisten-Knowhow sind entsprechend unabdingbar.

Wachstumsperspektiven
Fazit – Der Wissenschaftsstandort Deutschland bietet Immobilieninvestoren ein spannendes Betätigungsfeld. Starke Wachstumsperspektiven und attraktive Renditen in diesem Segment ziehen immer mehr institutionelle Anleger an.

Von Marco Kohla, Mitgründer und Geschäftsführer von GalCap Europe
Quelle: Börsen-Zeitung (Sonderbeilage), 01.10.22: Forschungsimmobilien trumpfen auf.